Der Zensus 2022
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Volkszählungen gibt es seit tausenden von Jahren. Die Volkszählung in Deutschland fand zuletzt 2022 statt. Wie funktioniert so eine Volkszählung? Ist man überhaupt zur Teilnahme verpflichtet oder kann man die Auskunft auch verweigern? Welche Daten werden erhoben? Rechtsanwalt Sascha Kugler gibt im Interview mit 123recht.de Auskunft.
123recht.de: Herr Kugler, auf welcher Grundlage erfolgt die Erhebung?
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Rechtsanwalt Kugler: Es existiert seit 2008 eine Verordnung, die eine europaweite Rechtsgrundlage begründet. Dort sind alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, alle 10 Jahre einen Zensus durchzuführen.
123recht.de: Welchen Zweck verfolgt man mit dem Zensus?
Rechtsanwalt Kugler: Durch den Zensus werden statistische Daten über die Bevölkerung und die wichtigsten familiären, sozialen und wirtschaftlichen Merkmale sowie Wohnungsmerkmale der Einzelpersonen erhoben. Dies erfolgt zur Planung und Festlegung regional, sozial- und umweltpolitischer Maßnahmen.
123recht.de: Wer erhebt die Daten?
Rechtsanwalt Kugler: Die Daten werden vom Statistischen Bundesamt erhoben.
Die Teilnahme ist Pflicht
123recht.de: Besteht eine Pflicht an der Teilnahme und wie läuft die Erhebung ab?
Rechtsanwalt Kugler: Ja, es besteht eine Pflicht. Diese ist in § 23 des Zensusgesetzes 2022 https://www.gesetze-im-internet.de/zensg_2021/BJNR185100019.html verankert. Sobald eine Auskunft nicht erfolgt, nicht vollständig erfolgt oder unrichtig ist, kann dies mit einer Geldbuße geahndet werden.
Eine Befragung läuft in keinem Fall telefonisch ab. Die Erhebung wird von natürlichen Personen durchgeführt, die einen „interviewen“. Die Personen kündigen sich aber vorher an. Außerdem haben diese Personen einen speziellen Ausweis, den sie sich immer vorzeigen lassen sollten. In die Wohnung gelassen werden müssen diese Personen aber nicht.
Inzwischen kann man sich die Zugangsdaten aushändigen lassen und die Antworten dann online direkt an das Statistikamt schicken.
123recht.de: Können Sie noch etwas zur Höhe des Bußgeldes sagen?
Rechtsanwalt Kugler: Die Höhe der Geldbuße wird von jedem Bundesland festgelegt. Bei einer Verweigerung kann man unter Umständen mit einem Zwangsgeld von mindestens 300 € rechnen. Bei vorsätzlich falschen Angaben kann sogar eine Geldbuße von bis zu 5000 € festgesetzt werden.
123recht.de: Welche Daten werden erhoben und was passiert mit den Daten dann?
Rechtsanwalt Kugler: Es gibt unterschiedliche Arten der Befragung, die mehr oder weniger die gleichen Daten erheben. Darunter fallen Befragungen zu Haushalten, Gebäude- und Wohnungszählungen, Gemeinschaftsunterkünften, Wohnheimen.
Zuerst werden Daten zur Person erhoben (Identifikationsdaten, Adressdaten, Kommunikationsdaten, Geschlecht, Familienstand). Dann werden Fragen zur Wohnungssituation gestellt, zusammen in Verbindung mit Fragen zu Mitbewohnern / Partnern / Familie
Schließlich kommt die Frage der Staatsangehörigkeit und Auslandsaufenthalt. Dann werden Daten zur Bildung, dem beruflichen Abschluss, Erwerbstätigkeit sehr genau abgefragt.
Die Ergebnisse aus den Befragungen werden statistisch mit den Informationen aus den Melderegistern abgeglichen, auf Abweichungen überprüft und gegebenenfalls vervollständigt.
123recht.de: Wie lange wird die Erhebung dauern, also wann kann man mit Ergebnissen rechnen?
Rechtsanwalt Kugler: Die persönlichen Befragungen endeten schon Mitte August, mit einigen Ausnahmen, die immer noch stattfinden. Die Hauptbefragung läuft jetzt bis Mitte November. Nebenbei finden noch einige Wiederholungsfragen statt. Auch sind die Befragungen zur Gebäude- und Wohnungszählung noch im Gange.
Daten werden nicht dauerhaft gespeichert
123recht.de: Werden die Daten dauerhaft gespeichert?
Rechtsanwalt Kugler: Die Daten werden nicht dauerhaft gespeichert, sondern laut Bundesamt für Statistik zum frühestmöglichen Zeitpunkt getrennt und gelöscht. Wie lange das dauert, kann allerdings nicht genau ermittelt werden.
123recht.de: Können Dritte die Daten einsehen bzw. werden die Daten weitergegeben, z.B. an das Finanzamt?
Rechtsanwalt Kugler: Nein, erhobene Einzeldaten werden weder an Dritte noch an andere Behörden weitergegeben. Ausschließlich die Statistik hat Zugang zu den erhobenen Daten.
Kritiker bemängeln technische Umsetzung durch US-Anbieter
123recht.de: Gibt es Kritik an der Datenerhebung? Was sind die Argumente?
Rechtsanwalt Kugler: Jeder Bürger hat ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht bestimmt.
Außerdem wurde für den Zensus 2022 ein US-Anbieter für die technische Umsetzung verwendet und erst später nachgebessert. Die Daten werden inzwischen ausschließlich in Rechenzentren in Deutschland gespeichert und verarbeitet, so zumindest die Auskunft der Bundesbeauftragten für Datenschutz.
123recht.de: Wissen Sie, ob sich Einige oder Viele geweigert haben, Daten abzugeben? und ob es Gerichtsentscheidungen dazu gibt? Z.B auch aus früheren Zählungen?
Rechtsanwalt Kugler: Eine Statistik, wie viele Menschen die Daten verweigert haben, gibt es nicht, weshalb sich Zahlen hier schlecht fassen lassen. Seit Mitte November laufen auch die Mahnverfahren. Aus unterschiedlichen Gründen kann man davon ausgehen, dass viele Bürger zunächst die Auskunft verweigert haben.
123recht.de: Vielen Dank.
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